Dienstag, Januar 01, 2019

Ulithi 25



Nix Nameele
James und die Nameele von Ik


Das neue Jahr beginnt, wie das Alte aufgehört hat: Wir sind unterwegs. Unterwegs in den Weiten des Pazifiks. Nach einem lautstarken Jahresende, die Polen-Böller heissen hier China-Böller, sassen wir am ersten Tag des Jahres mit James, dem neu gewählten Gouverneur, beim Frühstück. Seit unserm letzten Zusammensein hat er sich auf Wikipedia mal kurz die Schweiz angeguckt.

«My god!», meinte er. «Ihr seid ja umzingelt von anderen Ländern! Da haben wir es doch viel einfacher bei uns: Der nächste Staat liegt 600 km weit entfernt. Mit dem Kanu sind das je nach Wetter 3 Wochen Anfahrt!».
«Ja, aber die fliegenden Kanus sind ganz schön schnell!».
«Ja schon. Aber wenn wir mal Ruhe wollen dann behelfen wir uns mit einem Nameele.  
Während des Wahlkampfs wollte ich von Ik nach Ikik fliegen. Doch das hölzerne Tor zum Flughafengebäude war geschlossen. Daran hingen zwei gekreuzte Blätter einer Palme namens ‘Chiefs Palm’. Diese Blätter, man nennt sie Nameele, waren von Chief Tautu, dem für diese Gegend zuständigen Häuptling, an die Türe genagelt worden. Sie bewirkten, dass das Gebäude per sofort tabu war und somit nicht mehr betreten werden durfte. Sollte man das Verbot

Landebahn Yap International
missachten, würde man sofort vom Blitz getroffen und elendiglich gegrillt werden.
Erst als ich mit dem Chief des benachbarten Dorfes und zwei Wagenladungen grimmig blickender Krieger angebraust kam, konnte ich Tautu dazu bewegen, die Nameele zu entfernen und das Tabu somit aufzuheben. Ich habe nie erfahren, wer hinter diesem «Attentat» stand, vermutlich hatte es etwas mit meinem Wahlkampf zu tun.

Ich habe mir einige dieser geheimnisvollen Blätter eingepackt, um sie bei mir zu Hause an die Wohnungstüre zu nageln. Laut den Worten von James wirken sie nicht nur gegen aufdringliche Missionare, Bouillonverkäufer und Staubsaugervertreter, sondern ebenfalls gegen unerwünschte Anrufe von Telefonverkäufern.

Ich wünschte mir ähnliche Tabus auch im Kampf gegen die elektronischen Umweltverschmutzer die mich tagtäglich mit Werbung zumüllen. Wer einmal bei Zalando und Co. eingekauft hat, wird im Wochentakt mit Sonderangeboten überschwemmt. Jedes Hotel, in dem ich einmal genächtigt habe, gratuliert mir zum Geburtstag, schickt Weihnachts- und Neujahrsgrüsse und freut sich angeblich auf meinen nächsten Besuch. Auf solchen unpersönlichen, computergenerierten Spam verzichte ich. Da ich weder debil noch senil bin, werde ich mich in zwei Jahren immer noch daran erinnern, wie das entsprechende Hotel hiess.

Allerdings nur dann, wenn ich zufrieden war. Zur Zufriedenheit gehört auch, dass ich in der Zwischenzeit nicht mit verblödeten Mails eingedeckt wurde. 


Heute Nacht fliegen wir nach Guam. Ausser man würde noch irgendwo ein paar Nameele finden.







 

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