Montag, Dezember 17, 2018

Ulithi 14


„Hat man dir auf deiner Insel die Geschichte von Canova erzählt?“, fragt er mich. Nein, hatte man nicht, und ich erklärte Seymour meinerseits, dass die Schweiz zwar eine politische, jedoch keine geographische Insel sei.

Aus einem alte Buch, gefunden auf der Insel Falalop
1732. Juan Antonio Canova, je nach Quellenlage auch CANTOVA, war Missionar in spanischen Diensten, lebte auf den Philippinen und war dort, wie sollte es auch anders sein, mit missionieren beschäftigt. Eines Tages erzählt ihm einer seiner Schüler, dass wieder ein Kanu mit Flüchtlingen angekommen sei. Noch wüsste man nicht, ob es politisch Verfolgte oder Wirtschaftsflüchtlinge seien. Canova solle sich die Gestalten doch besser mal anschauen. Was dieser auch sofort tat, zum Strand hinunterlief und die Menschen begutachtete.
„Wer seid ihr und weshalb wollt ihr in unser Land einreisen?“, fragte er.
„Das geht dich nichts an und einreisen wollen wir schon gar nicht. Wir haben uns verfahren, ein Taifun hat uns an die Küste eurer unfreundlichen Insel geblasen.“
Man setzte sich zwecks weiterer Abklärungen unter eine Palme und so erfuhr unser Missionar, dass es nordöstlich der Philippinen Inseln gibt, die noch nie etwas vom Heiland gehört hätten.

Nachdem die Fremden wieder abgereist waren, schrieb er dem Papst und bat um Zustellung eines Checks in beträchtlicher Höhe, zwecks Zuführung neuer Seelen zum Katholizismus. Dieser nickte freudig, neues Seelenmaterial liess den Aktienkurs der Vatikanbank sicher ansteigen.

Und so setzte Canova die Segel, mit dabei waren sein Assistent, mehrere Diener und Soldaten, und liess sich von Wind und Wellen nach Ulithi treiben. Genau dort, nämlich auf der Insel Ik, landeten sie nach einigen Wochen, und bauten zu Gottes Ehren eine kleine und windschiefe Kapelle aus Treibholz und Palmblättern. Canova besann sich seines Auftrags und verkündete das Wort Gottes. Darauf allerdings hatten die Menschen in Ik nicht gewartet. Sie lebten nämlich durchaus glücklich in ihrem kleinen Paradies und brauchten dazu weder einen neuen Gott noch den dazu gehörenden Zauber.

„Nun“, dachte sich Canova, „wenn das so ist, dann taufe ich eben zuerst die Kinder, der Rest wird sich ergeben.“ Tat er aber nicht.

Während der Taufe, so meinte Seymour, hätte man die Kinder mit eingeschleppten Krankheiten angesteckt, sie seien alle gestorben. Als man dann auch noch die Vielweiberei verbieten wollte, sei der Koprasack überlaufen.

Ich wollte ihm entgegnen, dass Kopra-Säcke wohl nicht, Fässer jedoch sehr wohl überlaufen könnten. Doch Seymour fuhr weiter :

„Nach diesen Vorfällen war klar, Canova musste getötet werden. Die Bewohner von Ik wollten dies jedoch nicht selbst tun; es könnte ja später in den Geschichtsbüchern stehen, sie hätten Schande über sich gebracht. Und so fragten sie in Ikik nach, ob die vielleicht Canova abmurksen würden. Die Menschen in Ikik hatten damit kein Problem, sie schuldeten den Fischern in Ik sowieso noch einen Gefallen. Und so haute man dem Missionar den Schädel ein und begrub ihn an der Südseite der Insel.“



Aus einem noch älteren Buch, gefunden auf der Insel Ik





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