«Heute Morgen hatte es schon wieder keine Bananen auf dem Frühstücksbuffet!», echauffierte sich die Dame aus Zimmer 166 und wandte sich an den Hotelmanager: «Wachsen denn keine Bananen auf dieser Insel?»
«Aber sicher wachsen Bananen auf dieser Insel!», entgegnet dieser. «Aber die haben heute frei».
Um diesen kryptischen Satz entschlüsseln zu können, muss man tief in die mikronesische Politik eintauchen. Ein wesentlicher Grundsatz lautet, ähnlich wie in der Schweiz: «Je Republik, desto Banane», manchmal auch in der Variante «Je kleiner das Land, je grösser die Bananen».
27.11.2018 Wir standen am Flughafen von Yap und hatten uns in die lange Schlange der Einreisenden eingereiht. Die Grenzbeamten schienen es äusserts genau zu nehmen. Sorgfältig prüften sie die Pässe, kontrollierten die ausgefüllten Einreiseformulare und stempelten sich, mehr lustlos als fröhlich, durch die Papiere. Für die Fröhlichkeit sorgte eine barbusige junge Frau, die jedem Ankommenden einen Blumenkranz um den Hals legte.
Bei den zum Flughafen abkommandierten Grenzbeamten handelte es offensichtlich um Lehrlinge: Sie durften nur Visa bis zu einer Gesamtdauer von 30 Tagen vergeben. Wir aber beabsichtigten, 35 Tage im Land zu bleiben. "No Problem!", meinte der Officer. "Am 27. Dezember gehen sie zum Einwanderungsamt, die Immigration, und holen sich nochmals ein Visum für die verbleibenden Tage." Auf unsere Frage, ob denn das Amt an diesem Tag auch wirklich geöffnet habe, meinte sie stramm «Yes, Sir!»
Es ist der 27. Dezember 2018 und wir stehen vor dem genannten Amt: «Closed.» Wiedereröffnung am 2. Januar.
Verstösse gegen die Aufenthaltsbestimmungen werden überall auf der Welt ziemlich hart bestraft.
Leider nicht das Gefängnis, sondern ein Freiluft-Schulzimmer auf der Insel Ik. |
Am Nebentisch im Frühstücksraum sitzt ein älterer Herr. Er hat eben zusammen mit dem Chef-Jesuiten der Insel gefrühstückt und greift zur nächsten Betelnuss. Er hat unser Gespräch mitgehört, schüttelt den Kopf und meint leise, «das darf doch nicht wahr sein!».
Der Hotelmanager macht uns mit ihm bekannt: «Seine hoheitliche Excellenz, Sir Henry, der neu gewählte Gouverneur von Yap.»
Da es in der Schweiz nicht allzu viele Gouverneure gibt, hier eine Beschreibung von Sir Henrys Tätigkeiten: Er ist Staatsoberhaupt von Yap, politischer Führer, am ehesten vergleichbar mit dem Präsidenten des Regierungsrates. Er vertritt den Staat, den «Kanton», in der Bundesregierung der «Föderierten Staaten von Mikronesien», die ihren Sitz in der Hauptstadt Palikir, auf der Insel Ponape hat. Ein in jeder Beziehung gewichtiger Mann.
Zurück zu unserer Aufenthaltsgenehmigung, die vor ein paar Stunden abgelaufen ist. Obwohl Sir Henry noch gar nicht im Amt ist, die Inauguration wird erst im Januar stattfinden, greift er zu seinem Handy. «Ich werde denen mal den Marsch blasen!», ruft er erzürnt.
Der Hotelmanager aber meint: «Wait, Sir Henry, das erledigen wir auf dem kleinen Dienstweg, lassen sie mir ihre Telefonnummer da, für alle Notfälle. Ich aber werde meine einheimischen Späher aussenden und einen der Beamten finden. Wir wissen schon, wo wir suchen müssen. Diese Insel ist ja ein Kaff, um nicht zu sagen ein Kabuff. Wenn meine Späher-Truppe einen Beamten gefunden hat, werden sie ihm mal die Leviten lesen und ihn mit samt seinen Stempeln hier ins Hotel schleppen.»
Noch warten wir auf den hoheitlichen Stempler, sitzen gemütlich an unserm kleinen Pool und lassen es uns gut gehen. Die Bananen schmecken ganz ausgezeichnet. Auch ohne Aufenthaltsgenehmigung.
Da hilft nur noch Beten! |
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