Vom Fremdschämen
Auf
dem Weg von Amanu nach Rikitea (Mangareva, Gambier-Islands) fahren wir durch
ein Gebiet, das weltpolitisch gesehen, einiges an Strahlkraft bietet. Wobei mit
der «Strahlkraft» an dieser Stelle die nukleare Strahlung der Atombombentestes
der französischen Armee gemeint sind. Wir fahren nämlich in der Nähe des
Mururoa- und des Fangataufa-Archipels vorbei. Es liegt nicht an mir, mich zu
diesem Thema zu äussern, es steht mir nicht zu. Ganz abgesehen davon, das ganze
Gebiet ist militärische Sperrzone, französische Truppen überwachen den Zugang.
Man mache sich, so ein Reiseführer, bereits verdächtig, wenn man bei der
Einreise nach französisch Polynesien einen Geigerzähler mitführt.
Ich
mache mich viel lieber daran, etwas über die Mitreisenden in Erfahrung zu
bringen. Die Amerikaner schämen sich über die Amerikaner die laut sprechen,
gruselig gekleidet sind und manchmal sehr protzig auftreten. Die Franzosen
schämen sich über die Franzosen, die den ganzen Tag über das Essen reklamieren.
Die Deutschen schämen sich über die Deutschen, die immer so verdammt laut sein
müssen, alles besser wissen und dies die Amerikaner und Franzosen auch spüren
lassen. Und
die Schweizer? Ja. Ich schäme mich manchmal auch für sie. Für das Anbiedernde,
das ach so Biedere.
Ein
Schweizer erzählt mir die Geschichte von den Lang- bzw. Gummihälsen, die er partout nicht aussteht. Sie wissen auch
nicht, um welche Spezies sich hier handelt? Um Preussen! Wenn diese VOR dem Sesseli*-Lift anstehen, ist deren Schnauze immer bereits IM Sesseli*.
Ein
ganzes Schiff schämt sich fremd! Nur von den Australiern, Neuseeländern,
Kanadiern und Holländern hört man nichts. Zum Fremdschämen braucht’s – um bei
der Nukleartechnik zu bleiben – eine kritische Masse, die in dem Fall auch eine
kritische Menge sein kann.
Ich
mag Tage auf See, sie sind so unglaublich entspannend. Das Frühstück auf dem
Balkon, das Mittagessen lassen wir aus. Das Nachtessen nehmen wir in Kauf und
versuchen, neue Leute kennenzulernen. Etwas, dass uns auch regelmässig gelingt:
Monika hat ein gutes Auge für interessante Menschen!
*
Damit auch die Preussen die Geschichte kapieren: Ein Sesseli ist ein kleiner Sessel. So einfach geht das mit der eidgenössischen
Verkleinerungsform.
Aus technischen Gründen werden keine Fotos angezeigt.
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